Warum entscheidest Du dich jeden Tag gegen Open Source?

Wenn Du Dir nur 15 Minuten Zeit nimmst, kannst Du diese Frage im Anschluss sicherlich beantworten.

Ein neues Program, eine andere App.
Mal eben eine Datei abspeichern.

In jeder dieser Momente triffst du eine Entscheidung.
Häufig gegen OpenSource.

Doch was unterscheidet eigentlich Open Source?
Und welche Folgen hat diese Entscheidung?


Was bietet eigentlich Software?

Open Source

Frei zugänglich

Freie Software ist für jeden Menschen zugänglich und einsehbar.
Jeder kann sie verifizieren, erweitern und verbreiten. Unabhängig von seiner Herkunft oder finanzieller Lage

Nachhaltigkeit
&
Vielfalt

Open Source schafft offenes Wissen. Eine Basis auf der zukünftige Projekte aufbauen können. Das Rad muss nicht neu Erfunden werden, denn einmal geschaffene Lösungen für Probleme können auch an anderer Stelle beitragen.
Diese Freiheit fördert Vielfalt

Sicherheit
&
Transparenz

Freie Software schafft Tranzparenz, denn sie kann von unabhängigen Stellen verifiziert werden. Backdoors, unerwünschte Datenweitergabe oder Zensur können durch Code-Reviews gefunden werden.

Community Driven

Jeder Mensch kann aktiv die Entwicklung eines Projektes mitgestalten. Es entsteht ein offenes Forum für Ideen, Austausch und Disskusion, in der die Community über den Fortgang der Software entscheidet.

Proprietäre Software

Wettbewerb

Die Entwicklung eines proprietären Produkts kann einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz darstellen. Dieser Vorteil lässt sich in eine Martkdominanz oder im extremen Fall in einer Monopolstellung für einen bestimmten Bereich ausbauen.

Qualität durch finanzielle Ressourcen

Die in der proprietären Entwicklung angewendeten finanziellen Ressourcen können Anreize für eine innovative und beschleunigte Entwicklung sein.

Regulierte Nutzung

Das Unternehmen kann die Verwendung und Verbreitung des Programms durch geschlossenen Sourcecode oder Lizensierung aktiv einschränken und regulieren.

Gerechte Entlohung

Bei der proprietären Entwicklung von Software steht in der Regel die Vermarktung eines Produkts (zb. die Software selbst) im Vordergrund. Eine angemessene Entlohnung ist hier häufig realistischer als bei Open Source.


"Der meiste Code, der deinen Alltag beeinflusst, ist ein Geheimnis der Unternehmen, die ihn besitzen:
Selbst wenn du die nötige Zeit und das nötige Wissen hättest, wäre es dir nicht erlaubt, nachzusehen, was der Code genau tut – und ob er Schwachstellen, oder gar eine geheime Hintertür zu deinen Daten enthält."


Quelle: felixreda.eu/2015/02/1-million-fuer-open-source-sicherheit


Falls Du Dich fragst, wie man FOSS eigentlich genau definiert

FOSS (Free and OpenSource Software) beschreibt Software dessen Quellcode der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Sie unterliegt vier wesentlichen Freiheiten:

  • Freiheit 0: Die Freiheit, das Programm auszuführen, wie man möchte, für jeden Zweck.
  • Freiheit 1: Die Freiheit, die Funktionsweise des Programms zu untersuchen und eigenen Bedürfnissen der Datenverarbeitung anzupassen.*
  • Freiheit 2: Die Freiheit, das Programm weiterzuverbreiten und damit seinen Mitmenschen zu helfen.
  • Freiheit 3: Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gemeinschaft davon profitiert.*

  • * Der Zugang zum Quellcode ist dafür Voraussetzung.

    Mehr: Freie Software. Was ist das?


    Was wird denn eigentlich nun wo eingesetzt ?


    Aber was ist mit FOSS?

    Findet das keine Verbreitung?


    Beispiele für Software im Privaten Bereich:

    Firefox, VLC, Gimp, OpenOffice, Wordpress, Notepad++, LibreOffice, Linux, Signal, Thunderbird, OBS-Studio

    Auch im privaten Bereich finden wir eine Reihe an Programmen, die uns sehr vertraut erscheinen. Nur häufig sind wir uns gar nicht bewusst, dass es sich bei dem Programm, das wir nutzen, um freie Software handelt. Und doch stecken in vielen Fällen private Enwickler:innen dahinter, die mit Herzblut an den Programmen mitarbeiten, dafür häufig ihre Freizeit opfern und nur selten durch Spenden eine Entlohnung erhalten.

    Daneben gibt es auch Organisationen wie die Linux-, the Document- oder Mozilla Foundation die als Stiftungen aktiv die Entwicklung dieser Software finanzieren.

    Eine Übersicht der OpenSource Foundations & Organisationen:
    OpenSource Organisations

    Beispiele für öffentliche Verwaltung:

    Auf den ersten Blick scheinen proprietäre Produkte hier kaum wegzudenken. Ob Windows, MSOffice, Teams/Skype/Zoom. Die Programme werden seit langem von großen namenhaften Herstellern bezogen und eingesetzt.

    Doch die Gründe für einen Umstieg auf Freie Software sind nicht nur idealistischer Natur, sondern finden zunehmend auch von öffentlicher Seite Beachtung.
    Sie umfassen eben nicht nur die teils signifikante Kosteneinsparungen, sondern besitzen auch ein politisches Gewicht.
    Häufig zusammengefasst unter dem Begriff der "Digitalen Souverenität" Die Digitale Souveränität beschreibt „die Fähigkeiten und Möglichkeiten von Individuen und Institutionen, ihre Rolle(n) in der digitalen Welt selbständig, selbstbestimmt und sicher ausüben zu können“ .

    Dabei spielt die Abhängigkeit zu einzelnen Softwareanbietern, Anpassbar- und Erweiterbarkeit, Interoperabilität und Sicherheit eine entscheidende Rolle. Und so lässt sich eine Reihe an teils sehr erfolgreich umgesetzen FOSS Projekten in der öffentlichen Verwaltung und sogar der Polizei und beim Militär beobachten.

    Als wohl bekanntestes Beispiel ist das LiMux Projekt der Stadtverwaltung München zu nennen. Hier wurde ein Umstieg auf OpenOffice und eine eigens entwickelte Linux Distribution erfolgreich umgesetzt.

    Warum nur wurde das Projekt dann wenige Jahre später eingstellt und eine Rückmigration zu Windows vorgenommen ?

    “Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, es geht uns um die Unabhängigkeit. Wir wollen nicht abhängig sein.”
    Dann sagte er [Bill Gates]: “So ein Unsinn, von wem denn abhängig?”
    “Weil Sie schon mal da sind: Von Ihnen natürlich!”
    Das hat ihn richtig in sich zusammenfallen lassen, und er hat gesagt:
    “Es ist für mich unbegreiflich, das ist Ideologie.”

    Quelle: Interview Christian Ude

    Mehr Dazu: LiMux – Ende eines Vorzeigeprojekts

    Und das ist kein Einzelfall:
    Polizei Niedersachsen kurz vor Wechsel zu Windows – aus intransparenten „Wirtschaftlichkeitsgründen“

    Beispiele für Schnittstellen:

    HVV API, Signal API, PNG, CSV, XML, SVG, HTML, JSON

    Offene Schnittstellen, Protokolle und Dateiformate bilden die Basis für Kommunikation über Programm- und Dienstgrenzen hinweg.
    Alle Teilnehmenden müssen verstehen können, wie sie miteinander sprechen dürfen. Sonst wird sich keiner verstehen.
    Offene Protokolle sind damit eine Grundvorrausetzung für ein Internet wie wir es heute kennen.

    Auch erst die Offenlegung von Dateiformaten ermöglicht es uns Tabellen (CSV), Bilder (PNG), oder Websites (HTML) geräte- und herstellerunabhängig zu speichern, auszutauschen und zu verwenden.

    Offene APIs schaffen die Möglichkeit, Informationen zwischen Diensten auszutauschen und diese in andere Anwendungen zu integrieren.
    Ein Beispiel ist die HVV API und die darauf basierende LiveMap

    Und warum die Offenlegung und Standardisierung noch lange keine freie und
    unabhängige Kommunikation bedeutet, erfährst du hier:
    How the Internet’s new transport protocol (QUIC) will change digital and human rights

    Mehr zu OpenData-Formaten:
    OpenData Formate - OpenAll

    Apache, PostGres, MySQL, NextCloud, OwnCloud, Kubernetes, Docker, Wordpress, OpenSSL, letsencrypt

    Wie sieht es nun mit der Infrastruktur aus?

    "Open Source ist unvermeidlich"

    Natürlich haben die proprietären Anbieter auch ihre Produkte. Aber das Gesammtbild ist ein anderes.

    Über die Hälfte aller Websites werden von den weltweit meißtgenutzten, freien Webservern (Apache httpd und Nginx) betrieben.
    Auch für die Bereitstellung von Inhalten durch ein Content-Management-System Ein Content-Management-System (kurz CMS) ist eine Software, die zur Erstellung und Verwaltung von Inhalten – in Text-, Bild-, Video- oder sonstiger Form – verwendet wird. CMS werden vor allem zum Betreiben von Websites, aber auch für „Offline-Plattformen“ (in Intranetzwerken), eingesetzt. ist Wordpress mit einem Marktanteil von über 64% mit Abstand führend.

    Ob Server, Betriebssystem, Virtualisierungssoftware, Cloud Computing, Continous Integration, Middleware/Application Server, Firewalls, Cloud Software oder Datenbanksystem.

    Der Großteil des Internets basiert auf freien Software Komponenten!

    Und allen voran sind es freie Programmiersprachen, die mit 82% die größte Verbreitung erhalten.

    Und das nicht ohne Grund.

    Vor allem die offenen Standards, also die Interoperabilität zu anderen Systemen, welche einen modularen Aufbau ermöglichen, haben zu solch einer Verbreitung geführt.
    Gerade im Unternehmensumfeld, in dem sehr spezifische Anforderungen an die Software gestellt werden und Integration mit weiteren Systemen notwendig sind, wird diese Flexibilität hoch geschätzt.
    Aber auch die große Auswahl an Tools, das breite Angebot an Support aus der Community, die Sicherheit durch schnelle Updates und die Unabhängigkeit zu großen Herstellern sind sehr wichtige Punkte.

    Quelle und Mehr: Studie Verbreitung und Einsatz von OpenSource

    Was hört man eigentlich aus der Politik zum Thema Open Source?

    Politisch gewinnt das Thema Open Source zunehmend interesse.

    Die Bedeutung der Unnabhängigkeit und der Möglichkeit zur Wertschöpfung durch quelloffene Software scheint langsam anzukommen. So meint man zumindest, wenn man sich die beschlossene Open Source Strategie der EU ansieht.

    Unter dem Titel "Offenes Denken" wird über 16 Seiten ein Umdenken hin zu Open Source und Freier Software beschrieben.

    "Mit dieser Strategie nähert sich die Kommission weiter an die Open-Source- Gemeinschaft an, in der sie als flexible Bearbeiterin und aktive Beteiligte auftreten will."

    "Quelloffenheit wird als Katalysator für Veränderungen anerkannt"


    Einer der wohl aus politischer Sicht wichtigsten Punkte:

    "„Open Source“ minimiert das Risiko, in Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu geraten genauso wie die Gefahr, in politische Querelen oder Handelsstreitigkeiten verwickelt zu werden;"

    Ein paar weitere Grundsätze wurden formuliert:

    "Quelloffene Lösungen werden bevorzugt, wenn sie in Bezug auf Funktionsumfang, Gesamtkosten und Cybersicherheit gleichwertig sind"

    "Wo immer dies sinnvoll ist, wird die Kommission den Quellcode ihrer künftigen IT-Projekte auch mit anderen teilen."

    Eine spanndende Zielsetzung auch hier:

    "Neben dem Teilen von Quellcode sollte die Kommission auch in Erwägung ziehen, sich an Open- Source-Programmgremien und -ausschüssen zu beteiligen, systematische Methoden für eine gezielte Finanzierung zu entwickeln, an der Erhöhung der Sicherheit zu arbeiten und Wege zu finden, damit sich wichtige Open-Source-Projekte selbst tragen."

    Eine im ersten Moment recht überraschende Veröffentlichung, wenn man die (häufig politisch) gescheiterten Projekte hin zu Open Source betrachtet. Schaut man genauer genauer hin, stellt man den sehr unverpflichtenden Ton in vielen Formulierungen fest.

    Denn konkret umgesetzte Anreize findet man wenig - zumindest in Deutschland.
    In anderen Länder wie Italien oder Frankreich sieht das schon anders aus.
    Italien: Open Source Pflicht für öffentliche Verwaltung
    Frankreich: Open Source für die öffentliche Verwaltung

    Der Vergleich wirkt vernichtend:

    OpenSource Policies vergleich. EU-Studie (CC-BY 4.0)

    Heise: Europa pennt auch bei Open Source


    Nur sehr langsam scheinen politische Vorteile und Notwendigkeit von FOSS durchzusickern.

    So finden sich auch im derzeitigen Koalitionsvertrag Textstellen wie

    "Darüber hinaus sichern wir die digitale Souveränität, u. a. durch das Recht auf Interoperabilität und Portabilität sowie das Setzen auf offene Standards [und] Open Source. [...]
    Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht."

    Zur konkreten Umsetzung aber scheint es noch ein weiter Weg:
    Deutschland: 100 Tage Koalitionsvertrag – Kaum ein Tag für Freie Software

    Der ganze Beschluss zur EU OpenSource Strategie: EU Digital Strategie: Offenes Denken

    Ein auch immer wieder auftauchender Begriff ist die "Digitale Souveränität",
    die im Wesentlichen die Unabhängigkeit von Herstellern und Ländern beschreibt. Auch hier liegt Open Source als Lösung nahe.
    Siehe: Digitale Souveränität - Kompetenzzentrum öffentliche IT


    Warum werden nicht noch mehr Open Source und offene Standards genutzt?

    Was ist der Grund für all die eingestellte Software?

    Die langsame Verbreitung und Rückmigrationen.


    Die Verstrickung großer Unternehmen mit der Politik.

    Sei es die Tabakindustrie, Pharmaunternehmen oder der Automobilsektor. Die Einflussnahme durch abgesandte Lobbyisten bemerken wir zunehmend in den unterschiedlichsten Bereichen.

    Doch keiner dieser Bereiche unterhält so viele Interressensvertreter, steckt solche Geldbeträge in das Lobbying, wie die IT-Brance.

    Angeführt von Google, Facebook, Microsoft, Apple und Huawei, allein die 10 Größten Tech-Konzerne zahlen jedes Jahr 32 Million Euro für das Festigen ihrer Marktmacht.

    Über 100 Millionen die von Anbietern Proprietärer Produkte jedes Jahr unter anderem darin gesteckt werden, dass selbst erfolgreiche Projekte wie LiMux rückmigriert werden, dass politische Anreize für freie Software und Policies, die den Einsatz von offenen Standards verpflichten würden, vermieden werden.
    Die dazu führen, dass wir statt transparenter Vergabeverfahren nur geschwärzte Seiten eines per SMS abgeschlossenen Vertrages zu Gesicht bekommen.

    Freie Software als nicht kommerziell getriebene Bewegung besitzt solch eine Form des Lobbyings nicht.
    Hier sind Wir es. Die Menschen, die mit offenen Augen und Bewusstsein dafür einstehen müssen, was sich unsere Freiheit nennt.

    Quellen:

    Neue Studie zur Lobbymacht von Big Tech: Wie Google & Co die EU beeinflussen
    Big Tech gibt fast 100 Millionen Euro für Lobbyarbeit aus
    Lobbyschlacht: Was sich Google & Co den Kampf gegen EU-Regeln kosten lassen

    Warum kaufst Du Dir neben deinem IPhone nicht einfach einen Windows Laptop ?
    Was hält Dich davon ab, neben Photoshop mal Gimp zu nutzen ?

    Angewandt wird eine Strategie, die sich Vendor-Lock-In nennt. Lassen wir Mark Russinovich, einen leitenden Direktor von Microsoft, das selbst erklären:

    „Die Windows-API ist so breit, so tief und so funktional, dass die meisten unabhängigen Softwarehersteller verrückt sein müssten, um sie nicht zu benutzen. Außerdem ist sie so tief in den Quelltext vieler Windows-Anwendungen integriert, dass es hohe Wechselkosten gäbe, wenn man stattdessen ein anderes Betriebssystem verwenden wollte. [...] Es sind die Wechselkosten, die den Kunden die Geduld gaben, bei Windows zu bleiben trotz all unseren Fehlern, unseren fehlerhaften Treibern, unseren hohen Gesamtbetriebskosten, unserem Mangel an einer sexy Vision hin und wieder und vielen anderen Schwierigkeiten […] Kunden probieren ständig andere Desktopplattformen, aber es würde so viel Arbeit machen, zu wechseln, dass sie hoffen, dass wir einfach Windows verbessern, anstatt sie zu zwingen zu wechseln. Kurzgesagt, ohne die exklusiven Franchiserechte, die sich Windows-API nennen, wären wir schon lange tot."

    Es beginnt ganz harmlos. Kostenlose Angebote der Office Suite. Studierenden Accounts für die Adobe Creative Cloud.
    Wir bauen technisches Wissen auf, arbeiten uns in die Produkte hinein und erzeugen und speichern Dateien. Wir gewöhnen uns an die Bedienbarkeit, wollen weitere Systeme einbinden und müssen uns nach kompatiblen Produkten umschauen. Jeder dieser Schritte trägt uns weiter hinein in die Abhängigkeit.

    Und genau deshalb ist die Verwendung und Verbreitung von offenen Standards so wichtig.

    Mehr dazu: FSFE: Offene Standards und Lock-In

    Und was sich hinter der Microsoft Strategie
    "Embrace, Extend and Extinguish" verbirgt, erfährst du hier:
    Skeptric.com: Embrace, Extend and Extinguish
    Urban Engine: "Embrace, Extend, Extinguish" by Microsoft

    Und noch mehr zum Lock-In Effekt allgemein und wie er entstanden ist:
    de-academic.com - Lock-in-Effect

    Zitat Quelle (Aus dem Englischen)
    Commission of the european communities - Decision

    Community- und Projektmanagement, Planung, Design

    Hinter großen Softwareprojekten wie MS-Office stehen in der Regel große Unternehmen mit etablierten Organisationsstrukturen, Finanzierungsstrategien, spezialisierten Teams und aktivem Projektmanagement.

    FOSS hingegen entspringt einer Bewegegung, die gerade diese Strukturen, Verpflichtungen und Policies umgeht und auf einer Basis an Freiweilligen aufbaut. Es ist gegenseitiges Vertrauen, Selbstorganisation und Motivation, die den Kern dieser Bewegung bilden.

    Und dies ist häufig der Grund für eine geringe Diversität unter den Beitragenden. Es sind größtenteils Entwickler:innnen die meißt durch das beitragen von Code mit einsteigen. Aufgaben wie z.B. Community Management, Finanzplanung, Marketing und Design werden nur sehr selten und häufig von völlig Fachfremden übernommen.

    “We are not very good at marketing; we are problem solvers.”

    “We lack a community person. The acceptance for it is missing, we need the money to produce code.”

    “I would prefer to be just an engineer. In practice I am a community manager.”

    Nicht nur fehlen damit Ansprechpartner für mögliche Partnerunternehmen. Für viele Kunden entsteht Vertrauen auch erst mit einer sichtbaren Organisationsstruktur, die Dinge wie Maintenance, Verwaltung und Support gewährleistet.

    Für eine weitere Verbreitung von FOSS braucht es eben nicht nur technische Lösungen. Mindestens genauso wichtig ist Vielfalt, die nicht nur Expertise, sondern auch Bereiche wie Herkunft, sozialen Stand und Geschlecht mit beachtet.

    All dies und viel mehr, sehr lesenswert erarbeitet, in folgender Studie:

    Roadwork ahead - Evaluating the needs of FOSS communities working on digital infrastructure in the public interest

    Digitale Souveränität, Abhängigkeit, Selbstgestaltung und das Bewusstsein darüber

    Die Publikationen, die sich mit FOSS beschäftigen, haben in den letzten Jahren stark zugenommen. In Fachkreisen schon länger bekannt, die Gründe auch freie Software als relevante und unentbehrliche Quelle für Programme zu beachten, wird zunehmend in einer Vielzahl an Publikationen und Studien erarbeitet. Und so nimmt das Thema auch in politischen und wirtschaftlichen Fachkreisen langsam Fahrt auf.

    Doch bei privaten und fachfremenden Personen fehlt das Verständnis und Bewusstsein für diese Thematik häufig. Nicht nur ein technisches Verständnis für die Funktionsweise und Bedeutung von z.B. Offenen Standards fehlt, auch die wirtschaftlichen Strategien, die uns in den Lock-In treiben, werden nur selten durchblickt.

    Oder bist Du Dir bei jedem Druck auf den "Speichern" Button bewusst, ob deine Arbeit gerade in einem propriertären oder freien Dateiformat gespeichert wird?

    Ein paar Hintergründe:

    Wie nehmen Endanwender Open Source Software wahr?

    Politische Anreize für die Verwendung und Entwicklung von offenen Standards und FOSS

    Quelloffenheit und die Verwendung offener Standards als Vorraussetzung für Software in der öffentlichen Verwaltung.
    Anreize in Ausschreibungen, steuerliche und rechtliche Erleichterungen sowie finanzielle Förderungen von FOSS Projekten.

    All das sind mögliche Stellschrauben, mit denen die Politik Einfluss auf die Verbreitung und Verwendung von freier Software nehmen kann.

    netzpolitik.org: "Wenn Open-Source-Software derart positive Auswirkungen hat, warum wurde sie bislang politisch kaum gefördert?"

    Blind: "Man hat, glaube ich, sehr auf den freiwilligen Charakter von Open-Source-Projekten gezählt. Was wir aber sehen ist, dass Projekte immer schwerer nachhaltig Mitwirkende finden. Es gibt auch in diesem Bereich einen Fachkräftemangel. [...] Das größte Problem der Unternehmen ist, die Entwickler auf dem Arbeitsmarkt zu finden, die Code zu Open-Source-Repositories beitragen können. Die Politik ist folglich hier gefragt, stärker das Thema Open Source in der Ausbildung zukünftiger Softwareentwickler, aber auch Gründer zu positionieren.

    Auch müssen wir über öffentliche Finanzierung nachdenken. Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit Open-Source-Projekte gefördert, doch im aktuellen Arbeitsprogramm von Horizon Europe gibt es bisher nicht sehr viele Ansatzpunkte zu Open Source drin. Da gibt es sicherlich noch Spielraum.

    Die Unterstützung von Open Source ist im Vergleich zu anderen Themen begrenzt. Vielleicht auch deshalb, weil wir in Europa keine großen Player wie in den USA haben, wo Google, Microsoft und Amazon massiv in Open-Source-Aktivitäten investieren. In Europa sind es dagegen eher kleine und mittleren Unternehmen ohne große Lobby, die zu Open Source beitragen."

    Das Ganze Interview und mehr dazu:

    Netzpolitik - „Open Source braucht öffentliche Finanzierung“

    Eine von der Open Knowledge Foundation initiierte Initiative für ein Förderprogramm

    Förderung für Offene Digitale Basistechnologien - Sovereign Tech Fund

    Fehlendes Personal und propriertäre Hardware

    Natürlich gibt es noch weitere Gründe, die der Verbreitung von freier und Open Source Software im Wege stehen. Häufig ist es schlichtweg fehlendes Personal, das über ausreichend Know-How für einen Umstieg und Support verfügt. Gerade in kleineren Unternehmen ist dies ein verbreiteter Faktor.

    Aber auch die damit verbundenen neuen rechtlichen Aspekte, die auf die Unternehmen zukommen, scheuen viele.

    Ein weiteres großes Problem ist die proprietäre Hardware. Während früher die Hardwarespezifikationen noch dem Produkt beilagen, versuchen heutzutage Hersteller Informationen über den internen Aufbau bestmöglich zu verschleiern. Dies behindert das Entwickeln von Software für diese Hardware. Nur durch extrem aufwendiges Reverse-Engineering lassen sich z.B. Grafikkartentreiber von nicht kooperativen Herstellern für GNU/Linux entwickeln.

    Und nicht zuletzt muss die Software geschrieben, gewartet und gepflegt werden.
    Auch wenn mittlerweile viele Unternehmen FOSS einsetzen, nur wenige tragen auch aktiv zu neuen Projekten bei oder rufen diese ins Leben.

    Quelle und weitere Gründe
    Open-Source-Monitor Studienbericht 2021 - Bitcom

    Das Problem von propriertärer Hardware
    Freie Software braucht freie Hardware


    „Open Source ist nicht nur eine Software sondern eine Kultur, nämlich die einer offenen Wissensgesellschaft in der wir Wissen miteinander teilen!”


    Quelle: Rückblick: Open Source als Baustein einer europäischen Innovationspolitik


    Und für diese Freiheit müssen wir aktiv werden!

    Schlussendlich sind wir es, die für unsere Freiheit und Unabhängigkeit
    auch in der Digitalen Welt einstehen müssen.


    FOSS wird uns nicht von allen Problemen der Welt erlösen. Aber mit ihrer Verbreitung, gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt, welcher mehr Rechte, Vielfalt und Macht in die Hände unserer Gemeinschaft zurückgibt.


    Initiativen

    Bedeutende Stiftungen und Initiativen in denen auch du aktiv werden kannst


    Und wenn es nicht mehr nur um Software geht?

    Human Rights

    Menschenrechte und unsere Freiheit

    Nachhaltigkeit

    OpenSource als Weg in eine nachhaltige Digitale Zukunft?

    Digitale Souveränität

    Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit

    Freies Wissen

    Wissensgesellschaft

    Wirtschaft

    Ist FOSS Wirtschaftlich?

    Unsere Erde

    Was hat OpenSource mit unserer Erde zu?


    Du möchtest mehr wissen?

    Hier findest du eine Sammlung von weiteren Informationen zum Lesen und Hören


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